Ein aktueller Arbeitskonflikt hat die Grenzen des Direktionsrechts von Unternehmen in den Fokus gerückt – insbesondere, wenn es um die Änderung des Arbeitsortes ihrer Angestellten geht, ohne dass dies formell als Versetzung gilt. In dem vorliegenden Fall informierte ein Unternehmen mehrere Mitarbeiterinnen des Kundenservices über ihren Umzug in ein neues Büro, das 60 Kilometer vom bisherigen Standort entfernt liegt. Während ein Teil der Abteilung bereits von dort arbeitete, blieben andere Bereiche weiterhin am alten Standort.

Die betroffenen Mitarbeiterinnen reichten Klage ein, mit der Begründung, dass der Wechsel eine wesentliche Änderung ihrer Arbeitsbedingungen (wesentliche Vertragsänderung, sog. MSCT) darstelle, auch wenn kein Wohnortwechsel erforderlich sei. Die neue Pendelstrecke bedeutete 40 Minuten bis eine Stunde Autofahrt oder bis zu eineinhalb Stunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln pro Strecke – was sich erheblich auf ihre tägliche Arbeitszeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben auswirkte.

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Es entschied, dass das Unternehmen eine nicht gerechtfertigte wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen vorgenommen habe, und ordnete die Rückkehr der Mitarbeiterinnen an den ursprünglichen Arbeitsplatz an. Zudem wurde das Unternehmen zur Erstattung der Fahrtkosten sowie zur Zahlung eines Lohnausgleichs in Höhe von drei Stunden pro tatsächlich geleisteten Arbeitstag verurteilt.

Der Richter begründete, dass es sich zwar nicht um eine formelle Versetzung handele, die Auswirkungen der Maßnahme jedoch so schwerwiegend seien, dass sie über das legitime Direktionsrecht (ius variandi) hinausgingen.

Gegen dieses Urteil legte das Unternehmen Berufung beim Oberlandesgericht ein, die jedoch abgelehnt wurde. Anschließend wandte es sich mit einer Revision zur Rechtsvereinheitlichung an das oberste Gericht, mit der Argumentation, dass der Arbeitsplatzwechsel keine wesentliche Änderung sei, da kein Wohnortwechsel vorliege.

Der Oberste Gerichtshof wies die Revision zurück, da keine Widersprüchlichkeit zwischen dem angefochtenen Urteil und dem Vergleichsurteil bestand. Im letzteren Fall war der Wechsel aus Gründen des Arbeitsschutzes erfolgt, und die tägliche Pendelzeit war deutlich kürzer. Im vorliegenden Fall hingegen konnte die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel bis zu vier Stunden pro Tag beanspruchen, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erheblich beeinträchtigte.

Das Gericht stellte klar: Auch wenn eine formelle Versetzung einen Wohnortwechsel voraussetzt, kann eine Maßnahme, die die Arbeitszeit, Ruhezeiten oder die Vereinbarkeit mit dem Privatleben wesentlich beeinträchtigt, als wesentliche Vertragsänderung gelten – insbesondere dann, wenn sie nicht objektiv durch organisatorische oder produktive Gründe gerechtfertigt ist.

Zusammenfassend stellt dieses Urteil einen wichtigen Präzedenzfall dar, da es die Grenzen des unternehmerischen Direktionsrechts aufzeigt, wenn getroffene Maßnahmen das Leben von Arbeitnehmer/innen wesentlich beeinflussen. Das Gleichgewicht zwischen organisatorischer Flexibilität und den Rechten der Beschäftigten rückt damit erneut ins Zentrum der arbeitsrechtlichen Debatte.

Águeda Ponce

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Unternehmensberater in Spanien