Gemäß Artikel 9 des Kapitalgesellschaftengesetzes (Ley de Sociedades de Capital) ist der Sitz (domicilio) einer Gesellschaft grundsätzlich der Ort, “der den Mittelpunkt der Verwaltung und Geschäftsführung darstellt oder an dem die Betriebsstätte belegen ist”. Das ist eine wichtige Definition bezüglich der Verlegung des Gesellschaftssitzes in Spanien. Regelmäßig entspricht der Sitz also der Betriebszentrale. Sollten mehrere Geschäftsniederlassungen einer Gesellschaft mit dieser Definition vereinbar sein, so besteht für die Gesellschaft ein Wahlrecht, welche Niederlassung sie als ihren Sitz wählen will – je nachdem, was ihrer Unternehmensstrategie am ehesten entspricht.
In der Vergangenheit konnte eine Verlegung des Gesellschaftssitzes in Spanien, die über Gemeindegrenzen hinausging, nur durch eine Satzungsänderung geschehen. Um das Erfordernis einer Entscheidung der Hauptversammlung abdingbar und Gesellschaften so flexibler zu machen, wurde der Vorgang mit dem Gesetz 9/2015 vom 25. Mai vereinfacht. Dieses Gesetz novellierte den Artikel 285 (2) des Kapitalgesellschaftengesetzes dahingehend, daß “soweit in der Satzung nichts Gegenteiliges bestimmt ist, das Verwaltungsorgan das Recht hat, den Gesellschaftssitz innerhalb des Staatsgebiets zu verlegen”.
Diese Neufassung stieß aber schon bald auf Kritik: die meisten Satzung ermächtigten das Verwaltungsorgan, gemeindliche, nicht aber nationale Sitzverlegungen zu beschließen. Es setzte sich daher die Auffassung durch, daß eine strengere Unterscheidung von kommunalen und nationalen Verlegungen schon auf Ebene des Gesetzestextes vonnöten sei.
Dies geschah durch eine abermalige Neufassung des Artikels 285 (2) des Kapitalgesellschaftengesetzes durch das RD-Gesetz 15/2017 vom 6. Oktober, welches vorschreibt, daß “das Verwaltungsorgan befugt ist, den Gesellschaftssitz innerhalb des Staatsgebiets zu verlegen, soweit in der Satzung nicht ausdrücklich bestimmt ist, daß das Verwaltungsorgan diese Befugnis nicht besitzt.” Praktisch bedeutet das, daß alle Verwaltungsorgane von Gesellschaften, deren Satzung älter als die Gesetzesnovellierung ist, die Verlegungskompetenz auch auf nationaler Ebene haben, solange sie ihnen nicht durch Satzungänderung entzogen wird.
Voraussetzungen der Verlegung des Gesellschaftssitzes in Spanien
Nachdem die Verlegung des Gesellschaftssitzes durch das Verwaltungsorgan oder die Hauptversammlung – je nach Zuständigkeit – beschlossen worden ist, muß die Satzung geändert werden. Diese Satzungsänderung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Das liegt auch daran, daß der neue Sitz in das Handelsregister eingetragen werden muß, und nach spanischem Recht nur notarielle Urkunden die Grundlage einer Eintragung bilden können.
Gesellschaftssitz und Steuersitz
Gesellschafts- und Steuersitz einer Gesellschaft sind zwei rechtlich verschiedene Konzepte. Tatsächlich stimmen sie häufig überein, was daran liegt, daß Artikel 48 des allgemeinen Steuergesetzes als Steuersitz den Ort vorschreibt, an dem die Gesellschaft tatsächlich verwaltet wird – was regelmäßig dem Sitz der Gesellschaft entsprechen wird.
Da die Verlegung des Gesellschaftssitzes aber nicht zwangsläufig Auswirkungen auf die Besteuerung des Unternehmens haben muß, führt auch die Verlegung des Gesellschaftssitzes nicht unbedingt auch zu der des Steuersitzes.
Aber auch dann, wenn die Verlegung des Gesellschaftssitzes in Spanien steuerrechtliche Folgen haben sollte, werden diese praktisch geringe Auswirkungen haben. Grund dafür ist, daß die wesentliche Steuerlast für Gesellschaften regelmäßig von der Gesellschaftssteuer sowie von Steuern auf Tätigkeit und Immobilien ausgeht. Die Gesellschaftssteuer wird aber provinzunabhängig – und damit sitzunabhängig – bemessen; Steuern auf gewerbliche Tätigkeit und Immobilien sind lokale Steuern, die aber auch nicht am Sitz anfallen, sondern jeweils dort, wo die Immobilien tatsächlich liegen bzw. die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird.